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Jäger-Protest in Wiesbaden: Der Koalitionsführer am grünen Nasenring

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3500 Jägerinnen und Jäger haben am vergangenen Samstag vor dem hessischen Landtag gegen einschneidende Änderungen des Jagdrechts demonstriert. Pfiffe und Protestrufe gab es nicht nur gegen die Fachministerin von den Grünen. Auch die in Wiesbaden regierende CDU bekam als großer Koalitionspartner ihr Fett weg – wie etwa in NRW die SPD in vergleichbarer Rolle: Die Politik für den ländlichen Raum, Agrar, Jagd, Wald und Umwelt wird mit dem Ministerium und seinen Themen  den Grünen überlassen. So lässt hier der Koalitionsführer nach Meinung der Jagdverbände den kleinen Regierungspartner ungehindert bei der Durchsetzung von Jagdverboten gewähren, die selbst das neue Jagdrecht mit grünrot regierten Baden-Württemberg noch überbieten.

Bemerkenswert, was sich in der CDU-geführten Landesregierung von Hessen zur Sache abspielt. Laut widersprochen haben im Wiesbadener Landtag bisher nur SPD und FDP. Obendrein wurde die Anhörung der betroffenen Verbände ausgerechnet in die Sommerferien verlegt (wir berichteten). Dagegen protestiert nicht nur der Landesjagdverband, sondern auch die SPD-Landtagsfraktion: „Besonders ehrenamtlich arbeitende Verbände können sich aufgrund von Urlaubszeiten nur eingeschränkt damit beschäftigen. Gerade für eine Partei wie die Grünen, die sich das Ziel Bürgerbeteiligung auf die Fahne schreibt, ist das ein Armutszeugnis.“

Dabei hatten sich die Grünen mit eher ungewöhnlichen Methoden auf eine Debatte vorbereitet: Ihre Jagdexpertin Ursula Hammann unterzog sich sogar der Jägerprüfung, allerdings mit dem erklärten Vorsatz, nie auf die Jagd zu gehen. Dafür redet die gelernte Bankkauffrau beim Ringen um das neue Jagdrecht nun lauter mit als ihre Parteifreundin und Umweltministerin Priska Hinz.

Das Ausmaß der tragischen Schwarz-Grün-Komödie lässt sich auch im Detail erahnen: Eben musste ausgerechnet Umweltministerin Priska Hinz von den Grünen herhalten, um die Staatsjagd des CDU-Ministerpräsidenten Volker Bouffier zu verteidigen. Die Gesellschaftsjagd in den Forsten von Groß-Gerau sei ein „traditionelles Ereignis“ und die Kosten von 16.000 Euro kämen weitgehend über den Wildbretverkauf zurück in die Staatskasse – und über Spenden jener Teilnehmer unter den 120 geladenen Jagdgästen, die dem Ministerpräsidenten trotz neuer Jagdverordnung die Ehre geben wollen.

Im Licht der Realität ist die Staatsjagd, die ja auch in Hessen nicht mehr Staatsjagd heißen darf, eher ein Problem am Rande. Wie sehr speziell Grünen-Politiker ihre Schwierigkeiten haben, die Notwendigkeiten des der Allgemeinheit verpflichteten Amtes mit dem Erwartungshorizont mancher Stammwähler zu verbinden, ist ebenso am Beispiel von Frau Hinz zu studieren: Nicht nur ihre Verteidigungsreden für das bewaffnete Honoratioren-Treffen im Gerauer Forst brachte Frau Hinz unter Druck der Tierrechte-Fraktion, sondern auch ihre jüngste (vorsichtige) Einlassung, dass vermehrter Sauen-Abschuss ein Gebot der Stunde sei.

Durchaus spannend, wie der große Koalitionspartner CDU die parlamentarische Sommerpause zum Abtauchen nutzte. Während Hessens Junge Union „deutliche Nachbesserung“ am Entwurf der neuen Jagdverordnung und eine „sachgerechte und ideologiefreie Diskussion zum Wohle des Weidwerks und des Naturschutzes forderte“ , blieb die CDU mit Kritik am Umweltministerium ausgesprochen milde: „Unsere Jäger verdienen ein gutes, modernes und ideologiefreies Jagdrecht – und genau das werden sie von der Landesregierung bekommen“, versprach Dr. Walter Arnold, jagdpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, in einer heftigen Landtagsdebatte.

Kommentar der FDP-Fraktion: „Offenbar macht sich die Union auch bei diesem Thema aus purer Koalitionsräson erneut zum willigen Gehilfen für die Verwirklichung grüner Pläne und taucht völlig ab.“ Der jagdpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Heinz Lotz kommt direkt auf den besonders wunden Punkt mit der Verbände-Anhörung während der Sommerferien: „Scheinbar hat die grüne Umweltministerin Hinz Angst vor der inhaltlichen Auseinandersetzung über den von ihr vorgelegten Entwurf.“

Lotz beklagt zudem, dass Verordnungen durch die Regierung erlassen werden und der Hessische Landtag dabei nicht gehört werden muss: „Wir werden dennoch das Thema auf die Tagesordnung holen und somit eine öffentliche und transparente Diskussion sicherstellen. Wenn Frau Hinz vorhatte, die Verordnung in der Sommerpause still und heimlich durchzuwinken, dann ist dieser Plan schiefgegangen“, droht der SPD-Waidmann.

Fakt ist: Weder in Baden-Württemberg noch in Nordrhein-Westalen versuchten die Landesregierungen von SPD und Grünen derart einschneidende Eingriffe in das Eigentumsrecht von Grundbesitzern und Jägern ohne Gesetzgebungsverfahren an den Parlamenten vorbei durchzuboxen. Und während die CDU in diesen Bundesländern heftig gegen im Verhältnis weniger drastische Änderungen protestierte, verteidigten Politiker der hessischen Regierungs-CDU den Grünen-Verordnungsentwurf durch die Sommerpause – bis jetzt das ganze Ausmaß des Widerstandes von Jägern und Landwirten bei der Demo in Wiesbaden nicht mehr zu übersehen war.

Klar wird: In welcher Koalition auch immer, für das Jagdrecht sind in Deutschland federführend die Grünen zuständig, zumindest dort, wo sie mitregieren. Und nicht einmal eher gemäßigte Grüne haben bei diesem Paradigmenwechsel ernsthaft mitzureden. Auch das zeigt sich am Beispiel Hessen, wo die Umweltministerin von den Grünen offenbar zwar zuständig ist, aber nicht tonangebend.

Die „grüne“ Wortführerschaft hat nämlich längst die Landtagsabgeordnete und Jungjägerin Ursula Hammann besetzt, die in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zwar zugibt, „dass es unter den Jägern viele gibt, die den Tierschutz ernst nehmen“. Aber: „Da sind eben auch solche, für die die Jagd vor allem sportliches Vergnügen ist. Die fragen sich nicht, ob es wirklich notwendig ist, ein bestimmtes Tier zu schießen, denen geht es nur ums Töten oder das mit dem Jagdschein verbundene Prestige.“

Graugänse, glaubt Frau Hammann beispielsweise, sind in Hessen schutzbedürftig: „Echte materielle Schäden auf den Feldern durch Graugänse sind jedenfalls nicht dokumentiert worden, und dennoch haben wir gesagt: Grundsätzlich keine Jagdzeit für Graugänse, aber es sind Ausnahmen möglich, wenn sie Schäden in der Landwirtschaft verursachen.“ Nötig sei dazu allerdings ein „Einzelantrag bei der Jagdbehörde“, um „eine Ausnahmegenehmigung für eine Vergrämung zu erhalten“. Nur: Voraussetzung ist allerdings, dass der Schaden dokumentiert ist, und das wäre dann das erste Mal, dass das nachgewiesen würde.“

Maßgebliche Beraterfunktionen beim Verordnungsentwurf hat offenbar der Naturschutzbund Nabu übernommen. Der Präsident des Landesjagdverbandes Hessen, Dr. Jürgen Ellenberger, warnte auf der Protestkundgebung in Wiesbaden vor „verheerenden Folgen“ einer Verordnung, „die deutlich die jagdfeindliche Handschrift des Nabu trägt“. Noch weiter geht Hartwig Fischer, der Präsident des Deutschen Jagdverbands (DJV):„Die Grünen testen in einigen Bundesländern aus, wie weit sie bei der Abschaffung der Jagd gehen können.“ Der CDU empfiehlt er: „Lassen Sie sich nicht von den Grünen am Nasenring durch die Kulturlandschaft ziehen.“

Dem von Tierrechtsorganisationen wie PETA gegründeten „Bündnis Jagdreform Hessen“ geht der Entwurf des Umweltministeriums, das beispielsweise die Hasenjagd nur noch im begründeten Einzelfall zulassen soll, nicht weit genug. Dort fordern sie „eine jagdfreie Zeit von Januar bis September für alle Tiere, eine ganzjährige Schonzeit für Fuchs, Dachs, Waschbär und Co. und das Verbot der Fallenjagd“.

Fotos: Arnold/DJV


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